E-Wirtschaft total privatisieren
Quelle: (Die Presse) 14.02.2006

Energiepolitik: Ein Aufbrechen der verkrusteten Strukturen würde Wettbewerb schaffen

Die in der Verfassung festgeschriebene Beteiligung der öffentlichen Hand an den Landesversorgern und dem Verbund behindere den Wettbewerb in Österreich, meint die Wirtschaftskammer. "Was bringt die Staatsbeteiligung für den Verbraucher?", meinte WKO-Präsident Christoph Leitl bei der Präsentation seiner Energie-Strategie für 2015. Das ursächliche Ziel der Staatsbeteiligung, die Sicherung niedriger Strompreise, sei ohnehin nicht mehr gegeben: "Dem Verbraucher ist es egal, ob er einen überteuerten Strompreis an einen öffentlichen oder einen privaten Anbieter zahlt", meint Leitl.

Des weiteren tritt die Wirtschaftskammer für eine Fusion von Landesversorgern ein. Auf diese Weise seien Einsparungen in der Verwaltung erzielbar, die dann an die Verbraucher weitergegeben werden könnten. Voraussetzung dafür sei aber ein funktionierender Wettbewerb in Europa, den es derzeit noch nicht gebe. Es fehlen dazu Stromleitungen, außerdem seien Leitungstarife zu hoch.

Die Österreichische Stromlösung (der Zusammenschluss der Energieversorger aus Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und dem Burgenland mit dem Verbund) ist für Leitl nur ein "Faulbett für Unternehmen, die mehr oder minder offensichtliche Preisabsprachen treffen". Die geplante Stromehe würde anders als echte Fusionen zu keinerlei Einsparungen in der Verwaltung führen und schon gar nicht die monopolartige Wettbewerbssituation in Österreich verbessern.

Neben dem fehlenden Wettbewerb ist der Wirtschaft vor allem die steigende Importabhängigkeit bei Energie ein Dorn im Auge. Der Gaskonflikt zwischen Russland und der Ukraine habe die Gefahren aufgezeigt. Leitl sprach sich daher dafür aus, dass wieder mehr als 70 Prozent der heimischen Stromversorgung aus erneuerbaren Energien (Wasserkraft, Biomasse) erzeugt werden. Außerdem spricht sich die Kammer in ihrem Papier vor allem für Energiesparen aus. In den vergangenen fünf Jahren ist der Energieverbrauch Österreichs doppelt so stark gestiegen wie das Wirtschaftswachstum - Treiber seien Verkehr und Hausbrand gewesen. Aus diesem Grund liegt Österreich auch weiter denn je von dem Kyoto-Ziel, das eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen vorsieht, entfernt: Die Kammer warnt, wenn Österreich nicht Energie spare und auf effizientere Technologien setze, drohe zwischen 2008 und 2012 eine Strafzahlung von 1,25 Mrd. Euro aus dem Kyoto-Protokoll.

Erklärung: Österreich bläst derzeit 25 Mill. Tonnen CO2 mehr in die Luft als im Vertrag erlaubt. Bei kalkulierten Kosten von zehn Euro pro Tonne (derzeit liegt der Marktpreis weit über 20 Euro je Tonne), müsste das Land 250 Mill. Euro für sein Versäumnis bezahlen.

Statt die Kyoto-Strafe zu zahlen, solle man lieber jetzt in erneuerbare Technologien investieren, meint Leitl. So könnte der wachsende Stromverbrauch der nächsten zehn Jahre, alleine mit dem Ausbau kleinerer und mittlerer Wasserkraftwerke abgedeckt werden. Als weitere Maßnahme zur Senkung der CO2-Emissionen könnte die Wohnbauförderung für thermische Sanierung umgewidmet werden und so der Hausbrand reduziert werden.