Und zum Frühstück ein paar Klimakiller
Quelle: Die Welt, Author: Patrik Goldstein

Shoppen für den Klimaschutz könnte so einfach sein:

Jeder müsste nur ein wenig darauf achten, was er im Supermarkt kauft – ob Shampoo, Waschmittel oder Tiefkühl-Lachs. Ein Unternehmer hat bei großen Anbietern wie Rewe oder Tengelmann nachgerechnet, wie viel Treibhausgas in ihren Produkten steckt.

Im Nu erführe der Kunde durch eine Kennziffer, welche Waren die Umweltkiller sind, welche dagegen zum Klimaschutz beitragen - was also der klügste Einkauf wäre. Um diese Idee in den Alltag zu bringen, hat der Berliner Unternehmer Jacob Bilabel große Hersteller wie Rewe, Tchibo und Tengelmann mit renommierten Ökoforschern zusammengebracht.
Ihr Ziel: für Konsumprodukte zu ermitteln, wie viel Treibhausgas darin steckt.

"Der Ausstoß dieser Treibhausgase muss drastisch sinken", mahnt Bilabel, dessen Firma Thema1 das Projekt initiiert hat und nun steuert. Werde weiterhin in heutigem Maße Energie verbraucht, die aus der Verbrennung von Öl, Erdgas und Kohle stammt, drohe dem Globus laut Prognose des Weltklimarates vom Februar 2007 bis Ende des Jahrhunderts ein Temperaturanstieg von bis zu 6,4 Grad Celsius. Die Folge wären Naturkatastrophen, Flüchtlingsbewegungen, eine Gefährdung für wirtschaftliche und soziale Stabilität, die die Lebensumstände jedes Menschen so schmerzhaft verändern würden, dass die momentane Finanzkrise dagegen als Bagatelle erschiene.

Bei derartigen Aussichten begrüßt natürlich Greenpeace Deutschland das Projekt von Bilabel und Co. Einen "richtigen Ansatz, um den Menschen zu verdeutlichen, wie viel Schadstoff angefallen ist, um eine Ware herzustellen", kommentiert etwa Agrar-Experte Martin Hofstätter von Greenpeace. So sind neben Bilabels Firma Thema1 als Projektträger auch World Wildlife Fund (WWF), Öko-Institut und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung engagiert.

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Zehn große Unternehmen schauten sich bei der Studie Entstehung, Handel, Nutzung und Entsorgung von 13 ihrer Produkte näher an. Und addierten. Am Ende stand ein Carbon Footprint, der CO2-Fußabdruck: die Summe aller Treibhausgase (hier verkürzend zusammengefasst unter dem Begriff CO2), die im Lebenszyklus des Produkts anfallen. Die jetzt vorgelegten Ergebnisse zeigen, wodurch ein Artikel erst so richtig zum Umweltverschmutzer wird.

Mit den ermittelten CO2-Fußabdrücken lässt sich nun beispielhaft nachzeichnen, für welche CO2-Werte etwa ein gesundheitsbewusster, sportlicher Berliner von 30 Jahren, der daheim arbeitet, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen so verantwortlich ist.

Ein typischer Tagesablauf

7 Uhr: Bei der Morgenpflege verwendet der Mann das Schauma Shampoo "Sieben Kräuter". Aus seiner Dusche fließen dazu 22,5 Liter Wasser mit einer Temperatur von 40 Grad. Am Ende hat er die Natur mit 290 Gramm CO2-Emissionen belastet. Bei 18 Litern und 37 Grad Wärme wären es dagegen nur 185 Gramm gewesen.

7.30 Uhr: Zum Frühstück gibt es eine Tasse Tchibo Privat Kaffee, eingeführt aus Tansania. Der Mann verwendet sieben Gramm Pulver auf 125 ml Wasser. 59 Gramm CO2-Emission sind damit angefallen. 33 Gramm allein wurden dadurch produziert, dass die Bohnen in Afrika angebaut, verarbeitet und gemahlen wurden. Transport nach Deutschland und Verarbeitung erzeugten 3,93 Gramm pro Tasse, die Weiterfahrt in die Tchibo-Filiale sorgte für weitere 1,25 Gramm. Die Gesamtsumme wäre sogar auf 101,35 Gramm gestiegen, hätte der 30-Jährige einen der heutzutage populären Kaffeevollautomaten benutzt. Am wenigsten wäre der Umwelt zugemutet worden, wenn er heißes Wasser und Kaffeepulver in einer klassischen Durchdrückkanne zusammengebracht hätte.

7.40 Uhr: Nun kommt ein Bio-Ei im Glas auf den Tisch, danach gleich noch ein zweites. Das schlägt mit zwei Mal 196 Gramm CO2-Emission zu Buche.

8 Uhr: Der Mann beginnt zu Hause seinen Arbeitstag und nutzt dabei ein T-Home-Angebot für Telefon und Internetzugang. Die reine Verwendung des Dienstes sowie eines dazugehörigen Routers verursacht am Tag 245 Gramm CO2-Emission.

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13 Uhr: Zeit fürs Mittagessen. Es gibt Tagliatelle-Wildlachs von Frosta, was l,4 Kilogramm CO2-Emission erzeugt. Wie bei den vorangegangenen Lebensmitteln wurden die Positionen Rohstoffgewinnung, Produktion, Distribution, Einkaufsfahrt (fünf Kilometer für eine Warenmenge von 20 Kilo), Produktnutzung und Entsorgung eingerechnet. Der Posten Rohstoffgewinnung allein macht schon 750 Gramm aus. Was da für hohe Werte sorgt, ist allerdings nicht der Fischfang in Alaska oder der Gemüseanbau in Deutschland, sondern der Anteil von Milch. Zwar stecken nur 14 Prozent im Gericht. Aber von 750 Gramm CO2-Emission verursacht der Milchanteil 73 Prozent (547 Gramm) der Schadstoffe. Grund: Rinderhaltung und Milchproduktion sind enorme Treibhausgas-Produzenten. So gesund die Milch sein mag - für die Umwelt ist sie ungesund.

16.30 Uhr: Beim Toilettenbesuch verwendet unsere Testperson Papier der Sorte "sanft und sicher". Zehn Blatt bedeuten 12,5 Gramm CO2-Emission.

17.30 Uhr: Für das Fitness-Studio wird jetzt die Tchibo-Sporttasche gepackt. Deren Produktion hat für 32,83 Kilogramm Emission gesorgt. Wird sie wöchentlich zweimal genutzt, und das über fünf Jahre hinweg, so ergeben sich für jeden Sporttag 63 Gramm Treibhausgas. Je länger aber die Tasche verwendet wird, desto mehr reduziert sich der Emissionsanteil pro Gebrauch. Fazit für den Kunden: Der Kauf von Waren, die von großer Haltbarkeit sind und für die der Ausstoß von Treibhausgasen abgeschlossen ist - etwa wie für die Tchibo-Tasche - bedeutet, umweltbewusst zu handeln.

19 Uhr: Zurück vom Sport, gibt es leichte Abendkost: Eine Schale Früh-Erdbeeren aus Spanien. 500 Gramm Obst sorgen für 442 Gramm CO2-Emission. Ein Drittel davon machten Transport und Kühlung von der Packstation in Spanien in die deutschen Supermärkte aus.

19.30 Uhr: Abschließend noch ein Waschmaschinengang mit Persil Megaperls. 700 Gramm CO2 fallen an, wenn die Kleidung bei einem Durchschnittswert von 46 Grad gereinigt wird. Auch hier könnte der Verbraucher auf einfache Weise den Wert erblich senken. Wäscht er bei nur 30 Grad, lassen sich 240 Gramm Treibhausgas vermeiden.

Fazit: 3,4 Kilogramm CO2 - an einem Tag