Fabrik

"CO2-freie Kraftwerke"

Kein Beitrag zum Klimaschutz
Quelle EUROSOLAR BRD, Stand 01.02.2007

Mit den Schlagwörtern "CO2-freie Kraftwerke" bzw. "Clean Coal" geben die Betreiber fossiler Kraftwerke vor, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Schon der Name "Clean Coal" - zu deutsch: "saubere Kohle" - ist jedoch irreführend. Wer Kohle verbrennt, produziert dabei immer Kohlendioxid. Wenn überhaupt von CO2-"Freiheit" die Rede ist, dann ist damit gemeint, dass das, was aus dem Schornstein eines Kraftwerks in die Luft geblasen wird, kein CO2 mehr enthält. Dafür muss das CO2 aber vorher entzogen worden sein und es muss irgendwo gelagert werden. Diese neue Technologie ist unter dem Namen "Carbon Capture and Storage", kurz "CCS" (CO2-Abscheidung, Transport und Speicherung) bekannt.

Die Abscheidung von CO2 in Kraftwerken ist sehr energieintensiv.
Der Wirkungsgrad eines Kraftwerks mit CCS-Technologie sinkt um bis zu 15 Prozentpunkte und der Brennstoffeinsatz erhöht sich um bis zu 25 %. Bei Berücksichtigung der gesamten Verfahrenskette wird außerdem nur maximal 65 - 70 % der CO2-Emissionen der Kraftwerke durch Abscheidung reduziert werden können. Gründe dafür sind der zusätzliche Ressourcenverbrauch und mögliche Leckagen beim Transport und der Lagerung.

Die Vattenfall Europe AG will bis 2008 die weltweit erste Pilotanlage mit CCS-Technologie (ca. 30 MW-Leistung) am Kraftwerk "Schwarze Pumpe" in der Lausitz aufbauen. Momentan wird dort bei der Braunkohleverstromung noch ein Kilo des Treibhausgases CO2 je kWh emittiert. In der geplanten Forschungsanlage soll das CO2 nun abgespalten, verflüssigt und anschließend in unterirdischen Speichern gelagert werden.

Problem CO2-Speicherung

Für die Speicherung von Kohlendioxid kommen verschiedene geologische Formationen (z.B. leere Öl- und Gasfelder, salinare Aquifere) in Frage.

Da die Kosten für die CO2-Speicherung mit zunehmender Transportentfernung ansteigen, würde eine Speicherung vor allem in Deutschland erfolgen. Die Speicher-möglichkeiten sind jedoch begrenzt. Das gesicherte Speichervolumen von ausgedienten Öl- und Gasfeldern in Deutschland beträgt ca. 2,6 Mrd. t und das geschätzte Speicher-potenzial in salinaren Aquiferen ca. 20 Mrd. t CO2. Das bedeutet, dass die Speicher-vorkommen in wenigen Jahrzehnten gefüllt sein würden, wenn eine vollständige Lagerung aller CO2-Emissionen der deutschen Kraftwerke vorausgesetzt wird.

Neben einer geologischen Speicherung steht auch eine Speicherung von Kohlendioxid in den Meeren in Diskussion. Ein Verklappen von CO2 wäre jedoch eine ökologische Katastrophe, da die Meere versauern und Meeresorganismen gefährdet würden. Das Problem würde sich also nur von der Atmosphäre in die Weltmeere verlagern.

Auch eine Speicherung in geologischen Formationen kann Probleme mit sich bringen. Entlang von undichten Bohrlöchern könnte CO2 aufsteigen, in Trinkwasserleiter, Boden, Meerwasser, und letztendlich in die Atmosphäre gelangen. In salinare Gesteins-schichten verpresst, verdrängt das CO2 das dortige Salzwasser und löst Schwermetalle im Gestein. Außerdem kann Druckaufbau im Gestein durch CO2-Einleitung zu Mikroerdbeben führen.

Das CO2 muss deshalb permanent und sicher gespeichert werden. Gewährleisten kann das niemand. Ungeklärt sind daher auch Fragen der Verantwortung und Folgekosten für mögliche CO2-Lager. Geht es nach dem Willen der Betreiber fossiler Kraftwerke, sollen die CO2-Speicher zeitnah nach Beendigung der Einspeicherung in staatliche Hand übergeben werden.

Einfluss auf den Strompreis

Die Markteinführung von so genannten "CO2-freien Kraftwerken" würde voraussichtlich zu einer deutlichen Erhöhung der Strompreise führen. Die zusätzlichen Kosten der CO2-Speicherung hängen von mehreren Faktoren ab: Abtrenntechnologie, Transport, Art des Speichers, Überwachung des Speichers etc.. Experten rechnen mit zusätzlichen Kosten zwischen 3,5 und 5,0 ct/kWh Strom. Da heutige Kohlekraftwerke in Deutschland nicht in der Nähe potentieller CO2-Speicher liegen, würden die Kosten durch längere Transportwege vermutlich eher am oberen Ende liegen. Das heißt: Diese Technik würde die heutigen Stromkosten mehr als verdoppeln. Demgegenüber sind die meisten Erneuerbaren Energien schon heute konkurrenzfähig.

CO2-Speicherung vs. Erneuerbare Energien

Sollte sich die CO2-Speicherung in größerem Maßstab durchsetzen, bleibt die heutige zentrale Energieversorgung mit wenigen Großkraftwerken bestehen. Dies geht auf Kosten des weiteren Ausbaus Erneuerbarer Energien. Das Argument der großen Stromkonzerne, mit der CO2-Speicherung würde Zeit für den Umbau der Energieversorgung hin zu Erneuerbaren Energien gekauft, weil diese nicht schnell genug in großer Menge zur Verfügung stünden, stimmt in dreierlei Hinsicht nicht:

Mit dem Bau neuer Großkraftwerke würde die heutige Energieversorgungsstruktur zementiert und der notwendige Umbau der Energieversorgung würde um bis zu 40 Jahre verschoben.

Die Verpressung von CO2 in Erdgas- oder Erdöllagerstätten ist in einigen Förder-gebieten Praxis, dient dort aber nicht der kontrollierten Lagerung des CO2, sondern der Verbesserung der Rohstoffausbeute. Die Auswirkungen einer langfristigen und sicheren Speicherung von CO2 im Untergrund sind demgegenüber bisher nur unzureichend bekannt.

Es gibt bisher noch keine großtechnische Anwendung der CCS-Technologie im Kraftwerksbereich. "CO2-freie Kraftwerke" befinden sich noch in der Entwicklung und könnten frühestens in 15 bis 20 Jahren zur Verfügung stehen. Das heißt: Sie leisten bis zum Jahr 2020 keinerlei Beitrag zum Klimaschutz. Für das Erreichen der Ziele des Kyoto-Protokolls sind sie damit irrelevant. Wenn die Speichertechnologie aber bis im Jahr 2020 bereit stehen sollte, ist es schon zu spät, da große Kraftwerkskapazitäten der Stromproduzen-ten schon in den nächsten Jahren ersetzt werden müssen. Die CSS-Technologie spielt jedoch bei den aktuell beantragten und genehmigten Kraftwerkprojekten keine Rolle.

Geplante Kohlekraftwerke mit bzw. ohne CCS-Technologie und ihre Leistung in Megawatt

ohne CCS

MW

mit CSS

MW

Steinkohlekraftwerke
(16 Standorte)

ca. 14.000

RWE (Standort noch unbekannt)

ca. 450

Braunkohlekraftwerke
(3 Standorte)

ca. 3.500

Vattenfall "Schwarze Pumpe"

ca. 30

gesamt

ca. 17.500

gesamt

ca. 480


(Quelle: BUND/EUROSOLAR)

Sollte die Technologie für so genannte "CO2-freie Kraftwerke" weiterhin gefördert werden, so würden in den nächsten Jahrzehnten weiterhin große CO2-Mengen in eine schon heute überlastete Atmosphäre emittiert, statt die Kohlekraftwerke schrittweise durch Erneuer-bare Energien und Energieeinsparung zu ersetzen. Geplante Investitionen in so genannte "CO2-freie Kraftwerke" sollten stattdessen in den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien umgeleitet werden.

Fazit

1. CO2-“freie“ Kraftwerke gibt es nicht.

2. Sollte die CCS-Technologie marktreif werden, greift sie zu spät, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

3. Für das abgetrennte CO2 gibt es in Deutschland keine ausreichenden Speicher.

4. Die Lagerung von CO2 ist mit technischen und ökologischen Risiken verbunden.

5. Die CO2-Abscheidung würde den Strompreis steigen lassen.

Deshalb: CO2 nicht "vergraben", sondern vermeiden.