Klimareport: Kurzbericht für Politiker
Quelle: 07.11.2007 | 12:45 | (DiePresse.com)

Rund 15.000 Seiten hat der jährliche UN-Klimareport. Für die Politik gibt es jetzt eine Zusammenfassung auf zehn Seiten. Der Inhalt ist so deutlich, dass einige Länder den Bericht verhindern wollten.

Der Weltklimarat in Valencia versucht, mehr Transparenz in den disjährigen Klimabericht zu bringen: Ab Montag erstellt er in Valencia aus den zunächst rund 15.000 Reportseiten eine etwa zehnseitige Zusammenfassung für Politiker. Diese versucht, die Ursachen und Folgen des Klimawandels und mögliche Gegenstrategien auf den Punkt zu bringen. Der Kern des Berichts: Der Mensch erwärmt die Atmosphäre durch Treibhausgase und gefährdet damit das Leben vieler Millionen Erdenbürger.

Im Dezember wird die Politik auf der Klimakonferenz von Bali beraten, wie der Anstieg der Temperatur gestoppt werden kann. Die Zusammenfassung soll als Basis für die Gespräche dienen. Der jüngst mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) wird mit den politischen Delegationen eine Woche lang verhandeln.

Jeder hat Zeit, zehn Seiten zu lesen

Die rund 2.500 ehrenamtlich arbeitenden Wissenschaftler des IPCC forschen unabhängig von Regierungen, ihre Resultate müssen aber von den Mitgliedsländern abgesegnet werden. "Daher wird um viele Sätze und einzelne Wörter gefeilscht und gestritten", erklärt Professor Olav Hohmeyer von der Universität Kiel. Er ist einer der stellvertretenden Vorsitzenden der IPCC- Arbeitsgruppe III. "Jedes Statement, das im Konsens von allen Regierungen der Welt akzeptiert wird, ist im Prinzip unumstößlich."

Der Zwang zur Einigung berge zwar die Gefahr, dass der Text in seiner Schärfe abgemildert wird, sagt der Klimaforscher. Aber "der Synthesebericht wird die Dringlichkeit des Handelns klar machen - egal, wie weichgespült er ist. Und wenn das auf zehn Seiten konzentriert ist, kann niemand sagen, er habe keine Zeit gehabt, es zu lesen. Die Nachrichten sind so einfach, dass ein Handlungsdruck erzeugt wird", sagt Hohmeyer.

Amerikaner wollten Bericht verhindern

Drei Teilberichte von drei Fachgruppen werden nun in Valencia zu einem Text zusammengefügt, erklärt Hohmeyer. Gegen die Zusammenfassung gab es heftigen Widerstand. "Regierungen, die möglichst wenig für den Klimawandel tun möchten, scheuen Syntheseberichte wie der Teufel das Weihwasser", sagt der Forscher. "Die Amerikaner und die Saudis wollten einen Synthesebericht ganz verhindern."

Als klar wurde, dass es ein solches Dokument auf jeden Fall geben würde, habe er auf Wunsch der Kritiker erst im Jänner 2008 erscheinen sollen - nach der großen Konferenz auf Bali. Meeresspiegel steigt schneller

Der Report greift auf Daten bis etwa Mitte 2006 zurück. Viele neue Forschungen und Daten sind inzwischen noch dazugekommen, konnten aber nicht berücksichtigt werden. Das betrifft beispielsweise den Meeresspiegel. Diese steigt schneller als im Bericht erwartet, sagt sagt der Leiter des Europäischen Büros der Umweltstiftung WWF für Klima und Energiepolitik, Stefan Singer, der den IPCC berät.

Die seinerzeit veranschlagten 20 bis 60 Zentimeter erscheinen, etwa nach neueren Untersuchungen von Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, als zu niedrig. Auch gebe es neues Wissen über Rückkopplungen: Wenn mehr (weißes) Polareis schmilzt, wird weniger Sonnenlicht zurückreflektiert. Es erhitzt das (dunklere) Wasser stärker und lässt wiederum mehr Eis schmelzen. "Die neue Literatur, die nicht ausgewertet werden konnte, ist dramatischer", sagt Singer.