Klimaschutz: Emissionen sinken, doch Kyoto weit entfernt
Quelle: 12.07.2011 (DiePresse.com)

Seit 2005 sinken die Emissionen von Treibhausgasen in Österreich. Dennoch liegen die aktuellsten Zahlen fünf Millionen Tonnen über dem Jahresziel.

Der Klimaschutzbericht 2011 des Umweltbundesamtes wird die Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Österreich bis 2009 analysiert. Er wurde am Dienstag veröffentlicht und zeigt einmal mehr ein zwiespältiges Bild: Zwar sinken die Emissionen seit 2005, das Kyoto-Ziel ist allerdings weiterhin weit entfernt.

Im Jahr 2009 betrugt die österreichische Treibhausgasbilanz 80,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Das sind rund fünf Millionen Tonnen über dem jährlichen Durchschnittswert des Kyoto-Ziels.

Zurückzuführen ist der Rückgang laut dem Bericht auf den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energieträger, Energie-Effizienzmaßnahmen und speziell im Jahr 2009 auf die Wirtschaftskrise. Gegenüber 2008 ist dementsprechend eine Reduktion von 6,9 Millionen Tonnen festzustellen.

Fabrik-Abgase

Konjunkturerholung bedeutet mehr Abgase

"Für 2010 rechnen wir mit einem Anstieg der Treibhausgasemissionen, in den Emissionshandelsdaten spiegelt sich deutlich die Konjunkturerholung wider," erläuterte Jürgen Schneider, Leiter des Programmbereichs Wirtschaft und Wirkung im Umweltbundesamt. Für die Erfüllung der Kyoto-Verpflichtungen rechnen die Experten mit rund 30 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent, die zusätzlich über flexible Instrumente für den Zeitraum 2008 bis 2012 abgegolten werden müssen.

Für die Klimaziele für 2020 gab sich Schneider vorsichtig: "Unsere Modellierungen zeigen, dass wir es in der Hand haben, die verbindlichen Klimaziele bis 2020 durch Maßnahmen im Inland zu erreichen. Dazu bedarf es allerdings eines verbindlichen Klimaschutzgesetzes, verpflichtender Regelungen im Bereich Energieeffizienz, Maßnahmen im Bereich erneuerbarer Energieträger etc. - und nicht zu vergessen einer konsequenten, raschen und effizienten Umsetzung."

Reduktionspotenzial abseits des Emissionshandels

Von den Sektoren, die nicht vom Emissionshandel erfasst sind, haben Verkehr und Raumwärme dem Bericht zufolge nach wie vor erhebliche Reduktionspotenziale. In den nationalen Zielen aus dem EU-Klima- und Energiepaket bis 2020 ist vorgesehen, in Bereichen, die nicht dem Emissionshandel unterliegen, die Treibhausgasemissionen um 16 Prozent zu reduzieren. Ausgangsjahr für diese Reduktion ist 2005.

Der Verkehrssektor ist 2009 mit rund 2,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten der Sektor mit der größten Abweichung zum sektoralen Ziel der Klimastrategie. Trotz deutlicher Emissionsminderungen durch den Einsatz von Biokraftstoffen sowie durch Effizienzsteigerungen bei Einzel-Kfz ist nicht absehbar, dass das Ziel der Klimastrategie erreicht wird. Bis 2020 sieht das Umweltbundesamt im Verkehrssektor bei Umsetzung der in der Energiestrategie vorgeschlagenen Maßnahmen ein großes Reduktionspotenzial.

Reaktionen: "Massive Anstrengungen erforderlich"

Umweltminister Nikolaus Berlakovich: "Wichtig ist ein umfassender Klimaschutz. Das Klimaschutzgesetz, das bereits vom Ministerrat beschlossen worden ist, bewirkt wesentliche Verbesserungen. Dort ist eine klare Verantwortlichkeit festgelegt und wie effektive Maßnahmen umgesetzt werden. Im Umwelt- und Klimaschutz sind alle Verantwortlichen und Sektoren gefordert, Anstrengungen zu unternehmen. Dazu gehört auch, das Klimaschutzgesetz raschestmöglich im Parlament zu beschließen und damit für die notwendige rechtliche Basis zu sorgen".

Als weitere Maßnahmen will der Minister die erneuerbaren Energien ausbauen, für mehr Energieeffizienz und -sparen sorgen, den Klima- und Energiefonds und seine Förderprogramme zu Energiemodellregionen und E-Mobilität weiterführen und die Thermische Sanierung mit 100 Mio. Euro jährlich vorantreiben.

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 forderte die rasche Umsetzung von Maßnahmen, um die "schlechte Klimabilanz Österreichs zu verbessern". Wie die Zahlen zeigten, "sind die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 2,5 Prozent gestiegen, anstatt um 13 Prozent zu sinken", hieß es in einer Aussendung. "Dass Österreich seine Kyoto-Ziele verfehlt ist aber kein Naturgesetz. Mit dem Ökostromgesetz, wurde zwar jetzt ein entscheidender Durchbruch erzielt. Jetzt muss aber auch in den anderen Problembereichen gehandelt werden: Würde man die seit Jahren bekannten Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz, Gebäudesanierung und Verkehr umsetzen, könnte man sogar noch weit höhere Reduktionsziele erreichen", so Klimasprecher Johannes Wahlmüller.

Die Umweltorganisation Greenpeace zeigt sich "nicht verwundert über den Mangel an Erfolg in der heimischen Klimapolitik". Nach wie vor habe keine Entkopplung zwischen Energieverbrauch und Konjunktur stattgefunden. "Stottert die Wirtschaft, dann gehen die CO2-Emissionen zurück, springt die Wirtschaft wieder an, steigen auch die Emissionen wieder", erklärte Greenpeace-Energiesprecher Jurrien Westerhof. "Nach wie vor werden kaum Maßnahmen gesetzt, um die Treibhausgasemissionen ernsthaft zu verringern."

"In der Verkehrspolitik werden Milliarden versenkt, um Autobahnen zu bauen, der Billigdiesel für Frächter und Pendler wird weiterhin gefördert und die Wärmedämmung darf jährlich nicht mehr als hundert Millionen kosten. Es ist also wenig verwunderlich, dass die CO2-Emissionen zu hoch sind", kritisierte Westerhof. "Die Bundesregierung muss endlich handeln und darf nicht länger auf die Blockierer und Betonierer aus der Wirtschaft und der Industriellenvereinigung hören. Nur dann gibt eine reelle Chance auf eine Verbesserung", meinte der Sprecher.

Der Klimaschutzbericht bestätigt den Grünen zufolge, dass die Erreichung der Kyoto-Ziele für Österreich "in weiter Ferne liegt". "Das ist keine große Überraschung, denn die Klimapolitik der österreichischen Bundesregierung ist seit Jahren eher eine Vogel-Strauß-Politik als aktive rot-weiß-rote Klimapolitik", stellte dazu Christiane Brunner, Umweltsprecherin der Grünen, fest.

Zwar sind laut Umweltbundesamt die Treibhausgasemissionen Österreichs seit 2005 tatsächlich gesunken. Doch das ist vor allem der Wirtschaftskrise geschuldet, steht im Klimaschutzbericht. Schon für das Jahr 2010 rechne das Umweltbundesamt wieder mit einem Anstieg der Treibhausgasemissionen. "Das hat die Klimapolitik der Bundesregierung versagt. Wir können ja nicht auf Wirtschaftskrisen hoffen, um unsere Klimabilanz in den Griff zu bekommen. Was es braucht, sind Maßnahmen in Österreich", forderte Brunner.