Merkel setzt auf US-Demokraten
Quelle: n-tv vom 29.05.2007

Im Klimastreit mit der US-Regierung setzt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Unterstützung durch den amerikanischen Kongress.

"Ich freue mich, dass im Kongress eine breite, auch überparteiliche Bewegung im Gange ist, die dem Thema Klima und Energie eine große Bedeutung beimisst", sagte Merkel nach einem Treffen mit der Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Berlin. Auf den Streit mit der US-Regierung über die Vereinbarung von Klimazielen beim G8-Gipfel in einer Woche ging Merkel nicht direkt ein. Sie betonte jedoch die Bedeutung multilateraler Abkommen und die Verantwortung der Industriestaaten für den Klimaschutz.

Für den G8-Gipfel im Ostseebad Heiligendamm in der kommenden Woche zeichnet sich bisher keine gemeinsame Linie zum Klimaschutz ab, da die USA zentrale Teile des deutschen Vorschlags für eine Erklärung ablehnen. Merkel, die derzeit der Gruppe der sieben führenden Industrienationen und Russlands (G8) vorsitzt, hat die Erwartungen an den Gipfel daher bereits gedämpft. Nach dem Treffen mit Pelosi nannte sie als wichtige Themen die Frage eines Preismechanismus für CO2-Emissionen und die Frage bindender Verpflichtungen. Entscheidend für die Lösung des Klimaproblems seien Technologieentwicklung und Innovationen.

Pelosi stellte sich hinter Merkels Aussagen und betonte: "Diese Lösungen müssen multilateral sein." Sie kündigte an, dass das US-Repräsentantenhaus bis Anfang Juli Gesetze auf den Weg bringen werde, die zum Stopp des Klimawandels und der globalen Erderwärmung beitragen sollten. Weitere Initiativen würden folgen, die nachhaltige Lösungen mit einer Orientierung an marktwirtschaftlichen Prinzipien verbinden sollten. Pelosi, die derzeit mit einer Delegation von US-Umweltpolitikern durch mehrere europäische Länder reist, ist als ranghöchste Vertreterin der demokratischen Partei eine Gegenspielerin von US-Präsident George W. Bush.

USA schmieden Atom-Achse

Bislang weigert sich die US-Regierung, konkrete Ziele für die Reduktion von Treibhausgasen mitzutragen. Bei den Vorbereitungen des G8-Gipfels drängt die US-Regierung darauf, dass Atomkraft im Abschlussdokument von Heiligendamm ausdrücklich als wichtiger Beitrag zum Klimaschutz bezeichnet wird. Ähnliches hatte Merkel beim Klimagipfel der EU Anfang März verhindert.

In Gesprächen mit der deutschen Seite hätten US-Unterhändler gefordert, dass in den Gipfelbeschlüssen "eine wachsende Rolle der nuklearen Stromerzeugung" beim Klimaschutz hervorgehoben werden müsse, berichten die "Ruhr Nachrichten" unter Berufung auf Informationen aus der Bundesregierung. Die US-Regierung arbeite daran, gemeinsam mit Kanada und Japan eine Achse zu bilden und diese Forderung auf dem Gipfel in Heiligendamm durchzusetzen.

Damit droht nun offener Streit über die Klimaschutzziele bei den G8-Verhandlungen. Die "Ruhr Nachrichten" zitieren namentlich nicht genannte SPD-Regierungsmitglieder mit den Worten: "Das ist mit uns nicht zu machen".

Um noch zu einem Kompromiss zu kommen, soll es offenbar noch in dieser Woche ein zusätzliches Klimaschutz-Treffen der G8-Chefunterhändler geben. Zudem will Merkel sich unmittelbar vor dem Gipfel mit Bush zu einem Mittagessen treffen.

"Gipfel lieber platzen lassen"

Unterdessen appellierten SPD-Umweltpolitiker eindringlich an Merkel, beim Thema Klimaschutz standhaft zu bleiben. Angesichts des Widerstands der US-Regierung im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm sagte der Staatssekretär im Umweltministerium, Michael Müller (SPD) der "Frankfurter Rundschau", die Amerikaner müssten jetzt daran erinnert werden, "dass sie selbst in den 80er Jahren die Klimadebatte angestoßen haben und die Hauptverantwortung für den Klimawandel tragen".

Mit Blick auf die deutschen Vorstellungen über wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel warnte Müller die USA "vor einem Pokerspiel, nur um die Deutschen bei dieser Menschheitsaufgabe weich zu klopfen". SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber forderte, die Europäer sollten auf dem Gipfel "notfalls lieber keine Erklärung unterzeichnen als eine, die keine klaren Festlegungen zum Klimaschutz vertritt". Ähnlich hatte sich bereits Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) geäußert: Angesichts der dramatischen Gefahr durch den Klimawandel machten "diplomatische Sprachregelungen, die die Realität verkleistern und nichts nach vorne bringen, keinen Sinn".