Klimawandel bringt auch Berg-Kurorte ins Schwitzen
Quelle: swissinfo 09.06.2007

Dass die Klimaerwärmung global ist, bekommen auch die Tourismus-Orte in den Schweizer Alpen zu spüren: Auch sie sind betroffen, und das nicht nur im Winter.

Höhere Temperaturen können laut Experten mehr Naturkatastrophen, aber auch mehr Touristen bringen. Wie reagieren die Schweizer Kurorte auf diese Herausforderungen?


Für den Winter ist der Fall klar: Tiefer gelegene Tourismus-Destinationen müssen sich etwas Neues einfallen lassen, wenn der Schnee nur noch in höheren Gebieten fällt.

Die globale Klimaerwärmung wirkt sich aber auch im Sommer auf die Alpenregion aus. Die Folgen sind jedoch nicht so drastisch wie im Winter. "Der Klimawandel bietet Schweizer Bergkurorten viele Chancen", sagt Thomas Bieger, Tourismusexperte an der Universität St. Gallen, gegenüber swissinfo. Die steigenden Temperaturen könnten viele Besucher in die kühleren Gebiete in den Bergen locken, glaubt er.

Auch das trockenere Klima könnte mitspielen, denn Wissenschafter gehen davon aus, dass die Sommertemperaturen in der Schweiz bis 2050 um drei Grad ansteigen werden, während die Niederschlagsmenge um einen Fünftel abnimmt.


Folgen der Klimaerwärmung sind auch Hochwasser und Erdrutsche, die in Berggebieten vermehrt erwartet werden. Diese Ereignisse werden für Veränderungen im Landschaftsbild sorgen. In einer jüngst publizierten Studie empfahlen Forscher der Universität Bern, dass sich die Tourismusorte aktiver auf diese Gefahren vorbereiten sollten.

Krisenmanagement und Risikoanalysen werden in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen, wenn es um die Sicherheit der Gäste und die Offenhaltung der Verkehrswege geht.


Gletschereis im Sommer

Eine der Hauptattraktionen, nämlich die Gletscher, schmelzen buchstäblich unter den Händen der Schweizer Tourismusmanager dahin. Unter dem Strich können die zahlreicheren Sommergäste die zu erwartenden Löcher aus dem Winter nicht stopfen, wie Fachleute des Bundes in einer Studie aus dem vergangenen März darlegten.

"Um ihre Attraktivität behalten zu können, müssen die Tourismusorte ihre Angebote an die neuen Bedingungen anpassen", heisst es im Bericht. Der angenommene Wandel punkto Klima und Landschaftsbild müsse bereits in die Planungs- und Entwicklungsprozesse der Orte einbezogen werden.


Wenn der Boden nicht mehr hält

"Die grösste Herausforderung sind die Naturkatastrophen, sollten sie sich plötzlich häufen", erklärt Hansjörg Trachsel, Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Graubünden. Denn wenn Boden auftaue, der bisher gefroren war, müssten Massnahmen ergriffen werden.

"Wir sind aber sehr gut vorbereitet und wissen genau, wo die Gefahrenherde liegen", so Trachsel. Wenn in solchen Gebieten überhaupt noch gebaut werde, dann nur noch mit verstärkten Konstruktionen. "Das ist eine gewisse Abhilfe, aber wir müssen die Gefahren sehr genau beobachten."

Trachsel ist überzeugt, dass sich wärmere Temperaturen für den Kanton Graubünden positiv auswirken werden. Die klassischen Destinationen St. Moritz oder Davos zeigten bereits einen Anstieg italienischer Gäste, die vor Hitze und Smog in Mailand ins Engadin "flüchten".


Nichts überstürzen

Ähnlich sieht es im Kanton Wallis aus. Für Tourismusdirektor Jean-Michel Cina drängen sich aber keine Sofortmassnahmen auf. "Wir müssen uns des Klimawandels bewusst sein. Das grösste Problem ist aber nicht der Sommer, sondern der Winter, da wir haben nicht genügend Wasser für die Schneekanonen haben."

Auch der St. Galler Tourismusexperte Thomas Bieger warnt vor übereiligen Schlüssen. Denn die genauen Auswirkungen der Klimaerwärmung kenne man heute noch nicht.

"Ein Klimawandel könnte auch schlagartig auftreten, sogar in Form einer Abkühlung in Mitteleuropa", sagt Bieger. Es wäre also unklug, sich heute auf ein bestimmtes Szenario vorzubereiten, ohne die Entwicklung in 30 oder 40 Jahren zu kennen.

swissinfo, Isobel Leybold-Johnson
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)