Auch Österreich stark vom Klimawandel betroffen

Bereits heute 15 Mio. Klimaflüchtlinge weltweit.

Befürchtet haben das ja viele, aber in diesem Ausmaß erwartet wohl kaum.
Die Konzentration an Treibhausgasen in der Erdatmosphäre ist neun Jahre nach Abschluss des Kyoto - Klimaschutzabkommens höher den je zuvor. Die globale Erwärmung bedroht laut einer britischen Regierungsstudie ein Fünftel der weltweiten Einkommen. Investitionen in den Klimaschutz ersparen eine Mehrfaches an den Folgekosten.

Weit über Kyoto - Abkommen
Laut dem Abkommen sollte der Gesamtausstoß an Treibhausgasen bis etwa 2010 um weltweit 5,2 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen. Die WMO hat errechnet, dass der Ausstoß an CO2 in den vergangenen Jahren um durchschnittlich zwei Prozent gestiegen ist, der von Methan um fast drei Prozent jährlich und bei Lachgas betrug die Zunahme knapp ein Prozent pro Jahr. Zusammen sind diese drei Gase für fast 90 Prozent des Treibhauseffektes verantwortlich. Bereits jetzt gibt es weltweit 15 Mio. Flüchtlinge aufgrund des Klimawandels und es wird erwartet, dass diese Zahl in etwa 40 Jahren auf bis zu 200 Mio. Menschen anwachsen wird. Dies betonte die Meteorologin und Klimabeauftragte des Umweltministeriums, Helga Kromp-Kolb, bei einem Pressegespräch anlässlich der Österreichpremiere von "Unsere Erde - der Film" in Wien.
Bereits geringfügige Veränderungen, beispielsweise des Meeresspiegels, können laut der Expertin dazu führen, dass aus schwierigen Lebensbedingungen untragbare werden. Gestoppt werden könne der Klimawandel nicht mehr, jedoch gemildert, und das hänge in ganz entscheidendem Maße von geeigneten Gegenmaßnahmen ab.

Alpine Täler bekommen verstärkt Probleme

Wer sich in Österreich auf einer Insel der Seeligen in Mitten Europas wähnt, irrt, denn auch unser Land ist laut der Forscherin "verhältnismäßig stark betroffen", und insbesondere der Alpenraum wird die Folgen der Veränderungen zu spüren bekommen. "In alpinen Tälern wird es zu vermehrten Problemen kommen, weil sich die Gletscher zurückziehen", so Kromp-Kolb. Durch die zunehmende Trockenheit lockern sich laut der Wissenschafterin oftmals Gesteinsbrocken und lösen sich schließlich. Zudem könne der von vielen als selbstverständlich erachtete Schutzwald empfindlich geschädigt werden. Weiters habe die Österreichische Hagelversicherung ermittelt, dass von den vergangenen acht Jahren sieben von Dürreschäden geprägt gewesen seien.

Wertvolle Eiszeitrelikte gehen verloren

Auch Klaus Hackländer vom Institut für Wildtierbiologie der Universität für Bodenkultur unterstrich den Ernst der Situation - speziell für die Biodiversität, also die Vielfalt an Lebensräumen, genetischen Strukturen und Arten. Beispielsweise Eiszeitrelikte wie Schneehase oder Schneehuhn, die auf Gletscher angewiesen sind, werden laut dem Forscher massiv an Lebensraum verlieren. Außerdem können viele Arten nicht einfach nach Norden auswandern, da viele Lebensräume isoliert sind und bei deren Verschwinden kein Ausweichen möglich ist. "Die Koffer packen sie schon, allerdings ist die Frage, wie weit die Reise geht", so Hackländer. Auf der anderen Seite kommen auch neue Arten nach Österreich, die teilweise eine Gefahr für die heimische Flora und Fauna darstellen.

Klimaschutz muss sich für Investoren auszahlen

Wie der Präsident des Ökosozialen Forums, Franz Fischler, hervorhob, gehe es nicht darum "ob Orangen nicht mehr nur in der Orangerie in Schönbrunn, sondern auch im Wiener Prater" gedeihen, sondern vielmehr auch um die mit dem Klimawandel verbundene Zunahme von Wetterextremereignissen, wie Überschwemmungen, Dürren und massiven Stürmen. Die Politik ist laut Fischler gefordert, Maßnahmen zu setzen, die etwas bewirken, aber auch ökonomisch sind, sich also für die Investoren auszahlen. Speziell die Steuerreform im Jahr 2010 sei zu nutzen. Menschliche Arbeit müsse entlastet werden, im Gegenzug sei der nicht notwendige Energieverbrauch stärker zu besteuern. Zusätzlich müssten Anreize für klimafreundliches Handeln gesetzt werden, so der ehemalige EU-Agrarkommissar. "Es wird nicht ohne massive Eingriffe in das Wirtschaftssystem gehen", so Fischler, der zu bedenken gab, dass jeder Manager jährlich Profite nachweisen müsse und oftmals nur Klimaschutz-Maßnahmen setzen könne, wenn sich dies auch wirtschaftlich auszahle. "Das ist der Kern der Geschichte", so der Präsident des Ökosozialen Forums. Gleichzeitig sei natürlich auch jeder einzelne aufgerufen, sich persönlich für den Klimaschutz einzusetzen. Neben der Verwendung von alternativen Energieträgern sei auch die Steigerung der Energieeffizienz von entscheidender Bedeutung. "Mit dem Zuwarten werden die Kosten durch die Schäden exponentiell höher", so Fischler. "Ein Engagement im Klimabereich führt jedenfalls nicht dazu, dass wir ärmer werden."

Marketing für die Natur

Der gestern im Anschluss an die Diskussion präsentierte Film "Unsere Erde" setzt sich intensiv mit der Schönheit, aber auch Gefährdung unseres Heimatplaneten auseinander und verdeutlicht eindrucksvoll, welche Auswirkungen der Klimawandel auf allseits beliebte und bekannte Arten, wie den Eisbären, haben wird. Laut Andre Sikojew von Greenlight Media ist ein Film wie dieser ein "Emotionsträger" und soll "Verantwortungsbewusstsein" in den Zusehern wecken oder wie "Universum"-Redaktionsleiter Walter Köhler meinte, "Marketing für die Natur" betreiben. "Ich wehre mich jedoch gegen den Ausdruck Klimaschutz, denn das Klima braucht keinen Schutz, sondern der Mensch", gab Köhler zu bedenken.

Quelle/Autor:europaticker 
erschienen am: 2008-02-11