Ein Auto fährt mit Biosprit

Als Alternative bietet sich demnächst auch in Österreich eine Tankfüllung Ethanol an

Mehr Motorleistung, ein höherer Verbrauch und dennoch ein reines Gewissen?
Umweltbewussten Autofahrern, die trotzdem flott vorankommen wollen, kann demnächst geholfen werden. Wer von herkömmlichem Sprit auf Bioethanol umsteigt, setzt auf einen nachwachsenden Tankinhalt anstelle von begrenzten fossilen Brennstoffen.
Pluspunkt: Ethanol macht keine großen Umstände, es wird genau wie Benzin getankt.
Minuspunkt: Mit dem Aufbau eines öffentlichen Tankstellen-Netzes wird in Österreich gerade erst begonnen. So bleibt zumindest genug Zeit, sich bereits im Vorfeld mit den wichtigsten Fragen auseinander zu setzen:

Rapsfeld Was ist Ethanol?
Die farblose, stechend riechende und leicht entzündliche Flüssigkeit zählt in der Chemie zur Stoffklasse der Alkohole. In Fahrzeugen mit Ottomotoren kann Ethanol sowohl als Beimischung als auch in reiner Form (E100) als Treibstoff verwendet werden. Wird es ausschließlich aus nachwachsender Biomasse hergestellt, spricht man von Bioethanol.

Ethanol als Zusatz zum Benzin
Ethanol wird durch Gärung aus Ackerfrüchten wie Zuckerrüben, Kartoffeln oder Getreide gewonnen und dem Ottokraftstoff beigemengt. Eine EU-Richtlinie, die jetzt auch in Österreich umgesetzt wird, sieht vor, dass innerhalb von zehn Jahren fünf bis zehn Prozent der Treibstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen kommen und fossilen Treibstoffen beigemischt werden sollen. In Österreich erhofft man sich dadurch neben einer verringerten Abhängigkeit von Erdöl- und Erdgasimporten eine Möglichkeit, die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor um bis zu einer Million Tonnen pro Jahr zu reduzieren. Es muss daher 1.Oktober 2005 zu Diesel- und Bezinkraftstoffen 2,5 Prozent Biotreibstoff beigemengt werden, ob dies zu Preissteigerungen führen wird bleibt abzuwarten, wird aber voraussichtlich in den üblichen Auf- und Abbewegungen der Treibstoffpreise untergehen.

Welche Treibstoffmischungen sind möglich?
Wasserfreies Bioethanol kann dem Benzin in beliebiger Menge beigefügt werden – gängige Mischungen sind E5, E10, E25, E50, E85 und E100. Die Zahl hinter dem "E" gibt dabei den prozentuellen Anteil des Ethanols an (E85 bedeutet also 85% Ethanol gegenüber 15% Benzin). Um einen einwandfreien Start des Motors bei Temperaturen unter 13 Grad Celsius zu garantieren, ist die Beimischung von 15 Prozent Superbenzin nötig (deshalb der Trend zu E85 – vor allem in kälteren Regionen).
Herkömmliche Benzinmotoren können laut Expertenmeinung ohne größere Umbaumaßnahmen mit einem Ethanol-Anteil von 10 bis maximal 30 Prozent betrieben werden (Nachfrage beim Hersteller empfohlen).

Was sind die Probleme und Nachteile?
Bei höherem Anteil sind technische Veränderungen nötig, weil reines Ethanol Gummi bzw. Kunststoffe auflöst und wegen der höheren Oktanzahl den Zündzeitpunkt verändern kann. Wegen des geringeren Heizwertes können auch größere Einspritzdüsen erforderlich sein. Ältere Fahrzeuge lassen sich umrüsten. Die Autohersteller bieten aber auch spezielle FFV-Modelle (Flexi Fuel Vehicle) an. Diese können sowohl Bioethanol als auch Benzin tanken, der Fahrer hat volle Flexibilität.

Obwohl noch Tankstellen fehlen, werden Saab und Ford bereits bis zum Sommer Fahrzeuge in Österreich anbieten. Die Aufpreise gegenüber vergleichbaren Benzinern variieren (bis zu 1200 Euro). Für die Umrüstung von Gebrauchtfahrzeugen sind die Kosten ebenfalls sehr unterschiedlich (je nach Einspritzsystem von 290 Euro bis 1000 Euro und mehr). Sollten Ethanol-Autos zu Trendsettern werden, ist auf Grund des relativ geringen Aufwands mit FFV-Modellen aller großen Hersteller zu rechnen.

Bis 2005 war Brasilien führend bei der Produktion von Ethanol, wurde aber 2006 von den USA abgelöst. Heute entfallen in Brasilien 90 Prozent aller Neuzulassungen auf Flexi Fuel Vehicles.
In Europa ist Schweden das Musterland bei Bioethanol-Fahrzeugen. Seit 2004 wurden rund 400 E85-Tankstellen errichtet und 20.000 FFV-Modelle verkauft. Die Skandinavier verfolgen das Ziel, bis 2020 unabhängig von fossilen Kraftstoffen zu sein. In Frankreich wurde ein Aktionsprogramm beschlossen, das bis Ende 2007 den Bau von 500 bis 600 Tankstellen vorsieht. Hinzu kommt die Verpflichtung von fünf Autoherstellern, für den französischen Markt genug FFV- Modelle anzubieten (Peugeot, Citroën, Ford, Saab, Volvo).

Pro & Contra
Bei der Verbrennung von Bioethanol wird Kohlendioxid freigesetzt, aber nur in jenem Ausmaß, wie es zuvor von der Pflanze gespeichert wurde. Daher gilt es als CO2-neutral. Das aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnene Bioethanol wird als saubere Alternative zu knapper werdenden fossilen Treibstoffen gesehen. Verschiedene Organisationen melden aber Bedenken an, da die Bioethanol-Produktion Anbauflächen für Nahrungsmittel beansprucht. Auswirkungen zeigen sich zum Beispiel in Mexiko, das von Mais-Importen aus den USA abhängig ist. Innerhalb eines Jahres hat sich der Preis für Mais verdreifacht. In Brasilien werden große Regenwaldflächen gerodet, um die Bioethanol-Produktion – auch für den Export – zu erweitern. In den Händen von Großkonzernen drohen Monokulturen. Abhilfe könnten die oben genannten Biotreibstoffe der zweiten Generation (BtL) schaffen.

E85-Tankstellen
Das Tankstellennetz für Ethanol-Kraftstoff der Mischqualität E85 befindet sich erst im Aufbau. Die Firma Bethix mit Sitz in Linz will die erste Tankstelle zwischen Mitte und Ende April in Wien eröffnen. Dann folgen die Landeshauptstädte. In den nächsten Jahren sollen in Österreich zusammen mit kleinen Treibstofffirmen bis zu 350 Ethanol-Tankstellen entstehen. Laut Auskunft von Bethix liegt der Preis für Bio-Ethanol derzeit bei 94 Cent/Liter.

Noch zurückhaltend gibt sich die OMV beim Stichwort E85-Zapfsäulen. Man wolle erst die Nachfrage abwarten und dann ein Tankstellennetz aufbauen.

Beimischverordnung
In einer Reihe von europäischen Ländern wird die Beimischung von Bioethanol bereits praktiziert. Ab 1. Oktober 2007 müssen dem Benzin auch in Österreich zirka vier bis fünf Prozent Bioethanol beigemischt werden (ähnlich wie beim Biodiesel).

Die Firma Agrana errichtet gerade in Pischelsdorf (NÖ) eine Produktionsanlage, um das benötigte Bioethanol herzustellen. Weitere Anlagen anderer Unternehmen sind erst in Planung.