Fischler fordert neues Ökostromgesetz

Österreich soll wieder Klimaschutzvorreiter in Europa werden, dafür muss die Glaubwürdigkeit im eigenen Land stimmen.

"Zu aller erst muss klar gestellt werden, dass Energie und Klima zwei Seiten der gleichen Medaille sind. Das Problem der globalen Erderwärmung kann man nur durch eine integrierte Energie- und Klimaschutzpolitik lösen - das gilt für Europa und Österreich genauso wie für die 'Alltagspolitik' jedes Einzelnen", betont Franz Fischler, Präsident des Ökosozialen Forums Österreich, anlässlich der laufenden energiepolitischen Diskussionen. Da in Österreich Energie und Klima in getrennten Häusern angesiedelt sind, sei für ihn die logische Konsequenz: "Wir brauchen keinen kompetenzlosen Klimabeauftragten, sondern ein zügiges, gemeinsames Handeln der beiden zuständigen Ministerien. Denn der Klimawandel und die Kyoto-Zahlungen kommen - verbindlich."

Ökostromgesetz dringend reparieren, aber nicht um fossile Kraftwerke zu fördern

Laut Regierungsprogramm soll der Anteil der erneuerbaren Stromerzeugung bis 2010 auf 80 %, bis 2020 sogar auf 85 % gehoben werden. "In der Praxis werden diese Zielsetzungen allerdings konterkariert: Die Grünstromförderung wird massiv eingeschränkt und fossile Kraftwerke werden stark subventioniert", wundert sich Fischler. Tatsächlich sinke nämlich der Ökostromanteil kontinuierlich, momentan liegen wir bereits unter 60 %. Wir würden uns den selbst gesteckten Zielen nicht nähern, sondern uns immer weiter entfernen. "Die Ironie ist, dass eines der angesprochenen Gaskraftwerke zu früh in Bau gegangen ist, theoretisch also nicht in das Ökostromförderregime fallen würde", erläutert Fischler. "Deshalb wird das Gesetz jetzt noch einmal aufgemacht, um diesen formalen Fehler zu korrigieren - das ist eine Verhöhnung aller österreichischen und europäischen Klimaschutzstrategien". Eine Reparatur des Gesetzes sei aber dringend notwendig, hin zu langfristigen, stabilen Rahmenbedingungen, die Investoren und Planern Sicherheit bieten. Die Förderung fossiler Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen dürfe nicht Inhalt eines Öko(!)stromgesetzes sein.

Energieeffizienz darf nicht zum Modewort verkommen

Darüber hinaus wird bei allen Energiedebatten viel zu wenig gesehen, dass das größte Potenzial zur Energiegewinnung im Energiesparen liegt. "Das Schlagwort Energieeffizienz ist in aller Munde, was sich dahinter verbirgt, muss uns erst erklärt werden", fordert der Präsident weiter. "Wir brauchen ein klares Maßnahmenpaket, um den Energieverbrauch zu senken, der ist der größte Klimafeind.

Folgende Prinzipien müssen dabei gelten:

  • Im Bereich Wärme: Zuerst müssen die Wärmeverluste minimiert werden, es dürfen nur mehr Gebäude mit Niedrig- bzw. Passivhaustechnologie zugelassen werden. Dann muss alles daran gesetzt werden, Öl- und Gasheizungen durch moderne solare und biogene Heizsysteme zu ersetzen oder an eine Fernwärme- versorgung anzuschließen.
  • Im Bereich Strom: Keine Stromproduktion mehr ohne Nutzung der Abwärme, dass bedeutet auch, dass die Standortwahl entscheidend ist: Kraftwerke dürfen nur mehr dort gebaut werden, wo eine Abwärmenutzung möglich ist.
  • Im Bereich Treibstoff: Es muss zu einer Reduktion unnötiger Fahrten und zu einer massiven Änderung im Fahrverhalten kommen. Das bedeutet eine Umorientierung der Kfz-Steuer, die in Zukunft nicht von der Motorleistung sondern vom Verbrauch und dem CO2- Ausstoß abhängig sein sollte. Die stärkere Besteuerung von Energie und im Gegenzug die Entlastung des Faktors Arbeit muss zentrales Element einer aufkommensneutralen ökosozialen Steuerreform sein - hin zu weniger Verbrauch und weniger fossilen Energieträgern.

    Auch im europäischen Energiesystem ist in Sachen Effizienz noch viel zu holen, wie das Beispiel Wärme-versorgung eindrucksvoll zeigt:

  • Rund 50 % der in Europa benötigten Energie werden zur Deckung des Wärmebedarfs verwendet
  • 31 % der Wärme werden mit Strom bereit gestellt
  • 55 % des Stroms wird kalorisch, 31 % in Kernkraftwerken erzeugt. Dabei gehen zwei Drittel der Energie durch Wärme- und Leitungsverluste verloren "Elektroheizungen sind energetischer Unsinn, hier liegt ein riesiges, noch unerschlossenes Energiespar- und damit auch Klimaschutzpotenzial brach", erläutert Fischler. "Wir brauchen dringend eine Europäische Wärme-Richtlinie. Das wäre ein viel sinnvolleres und effizienteres Instrument als ein Gesamtziel für Erneuerbare Energien, das niemand einhalten muss."

    Österreichs Klimabotschaft an den Frühjahrsgipfel

    Für den kommenden Europäischen Rat sei für Fischler eine klare Botschaft aus Österreichs Sicht nach Brüssel zu tragen:

  • Europas Ziele müssen verbindlich verankert werden
  • Europa braucht dringend sektorale Vorgaben für alle drei Bereiche der Energieversorgung bis 2020 (Wärme, Strom, Treibstoffe)
  • Europa braucht eine Wärmerichtlinie

    Österreich solle sich für verbindliche Zielsetzungen im Bezug auf CO2-Reduktionen sowie Erneuerbare Energien beim Europäischen Rat einsetzen, darüber hinaus bedürfe es klarer sektoraler Teilziele für alle drei Bereiche der Energieversorgung (Wärme, Strom, und Treibstoffe), um das Gesamtziel 20 % Erneuerbare bis 2020 auch erfolgreich umsetzen zu können. "Da es langer Verhandlungen brauchen wird, bis sich die Mitgliedsländer auf nationale Umsetzungspläne einigen werden, scheint es viel sinnvoller, dass die bisherige Strategie der Kommission, sektorale Ziele vorzuschreiben, fortgesetzt wird. Die Grünstrom- bzw. Biokraftstoff-Direktive waren sehr erfolgreich und müssen dringend über 2010 hinaus verlängert werden. Darüber hinaus fehlen klare quantitative Zielsetzungen im Bereich Wärme und Kühlung". Auf dem Gebiet der biogenen und solaren Heiztechnik sei Österreich zudem an der Weltspitze, die orcierung des Umbaus der europäischen Wärmeversorgung käme heimischen Unternehmen besonders zugute.

    Rasches Handeln ist gefordert, um in Europa ein Vorbild abgeben zu können.

    Das Um und Auf für die Glaubwürdigkeit dieser Forderungen ist allerdings das energiepolitische Handeln im eigenen Land - siehe Ökostromgesetz: Am 1. März kommt der Initiativantrag der beiden Regierungsparteien bereits in den Wirtschaftsauschuss. "Ich appelliere an Bundeskanzler Gusenbauer und Vizekanzler Molterer, hier ein Machtwort zu sprechen. Sonst machen wir uns auf europäischer Ebene völlig lächerlich", so Fischler warnend. "Da heißt es dann: 'Die Österreicher verlangen großspurig verbindliche Ziele und selber richten sie der E- bzw. CO2-Wirtschaft ein feines Förderbett auf Kosten der Stromkunden.'