Erste Großstadt mit 100 Prozent Ökostrom
Quelle: focus MONEY online vom 30.10.2007

Die Stadt Kassel setzt ab sofort ausschließlich auf erneuerbare Energie. Statt Atomkraft beziehen die Verbraucher nun Ökostrom aus skandinavischer Wasserkraft.

Kassel sei damit die erste deutsche Großstadt, die komplett auf regenerative Energien umstelle, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Städtischen Werke, Andreas Helbig. Oberbürgermeister Bertram Hilgen erklärte, die Documenta-Stadt werde so zum „Vorreiter bei Klimaschutz und erneuerbaren Energien“. Bislang wurde Kassel überwiegend mit Strom aus Atom- und Kohlekraftwerken versorgt. Der Naturstrom werde vom Energiekonzern Vattenfall bezogen, sagte ein Sprecher. Dies sei nicht teurer als bisher. Vattenfall hält rund 25 Prozent an den Städtischen Werken, die übrigen rund 75 Prozent gehören der Stadt.

Mit dem Wechsel werde eine Nachfrage geschaffen, die die klimaneutrale Stromproduktion stärke. Bislang konnten die Kunden der Kasseler Stadtwerke lediglich gegen Aufpreis Strom aus regionaler Wasserkraft beziehen. Für die 97 000 Privatkunden soll die Umstellung „automatisch“ und „ohne Aufpreis“ erfolgen. Der Sprecher räumte allerdings ein, dass der Strom, der künftig durch das Kasseler Netz fließt, „ganz normaler Mischstrom“ sei. Denn technisch sei es nicht möglich, den von einem Wasserkraftwerk erzeugten Strom direkt nach Kassel zu leiten.

Zertifikat des Freiburger Ökoinstituts

Als einen Grund für die Entscheidung der Stadtwerke nannte der Vorstandsvorsitzende die bundesweit zunehmende Nachfrage. „Vielen Kunden ist es nicht egal, ob die Stromerzeugung die Umwelt verschmutzt, sie wollen allerdings nicht mehr dafür ausgeben“, sagte der Sprecher. Bisher hatten die Stadtwerke einen Öko-Stromtarif, der um vier Cent pro Kilowattstunde teurer als der Normaltarif war. Die 900 Nutzer dieses Tarifs finanzieren durch den Aufpreis nach Angaben der Stadtwerke die vom Unternehmen bereits betriebenen oder geplanten regenerativen Anlagen, die mit Wasser, Sonne oder Biogas arbeiten. Den Öko-Tarif soll es weiter geben. Ein fünfjähriger Liefervertrag sichere die Versorgung mit „sauberem Strom“. Ein Zertifikat des Freiburger Ökoinstituts soll garantieren, dass dieselbe Menge an Strom, die die Stadtwerke benötigen, aus Wasserkraft wieder eingespeist wird. Man könne das durch ein „Herkunftsnachweisverfahren“ sicherstellen, sagte Christof Timpe vom Öko-Institut. Mit diesem Verfahren könne europaweit festgestellt werden, wo welche Menge Energie erzeugt werde und aus welchen Quellen sie stamme.