"Eine Zukunft ohne Öl ist möglich"

Experten plädieren für Elektroautos, Energiewälder und Sonnenenergie


Kraftstoffstrategie der deutschen Bundesregierung

Wie geht es weiter mit den Kraftstoffen?


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Kraftstoffstrategie der deutschen Bundesregierung

Wie geht es weiter mit den Kraftstoffen?

Der steigende Ölpreis, begrenzte Ressourcen und wachsende Klimaprobleme bestimmen immer mehr unser Leben. Es ist Zeit zu handeln. Die Herausforderungen sind technologische und gesellschaftliche.

Ausgangslage: Öl nur noch für etwa 15 Jahre

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe geht in einer aktuellen Studie davon aus, dass die Erdölversorgung nur noch etwa 10 bis 15 Jahre gesichert ist.

Deutschlands Primärenergieverbrauch wurde 2006 zu 35 Prozent aus Mineralöl gedeckt, zu 23 Prozent aus Erdgas, zu 24 Prozent aus Kohle, zu 13 Prozent aus Kernenergie und zu 5 Prozent aus erneuerbaren Energien. Im internationalen Vergleich bleibt Deutschlands Erdölverbrauch stabil.

Weltweit rechnet man aber mit drastischen Zunahmen, vor allem in den USA, China und Indien. „Man sieht eindeutig, wo die Reise hingeht. Wir müssen uns bewegen – die Strategie heißt: Weg vom Öl“, so Ulrich Kasparick, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Eine warme Wohnung und die Fahrt im PKW dürften nicht zum Luxusgut werden, betonte Kasparick bei einem Besuch in Sachsen-Anhalt.

Hin zu Elektromobilität und Wasserstoff

Es ist Kernaufgabe von Staat und Politik, verlässliche Rahmenbedingungen für die Energieversorgung zu schaffen. Energiepolitik muss dabei im Wesentlichen drei Gesichtspunkte beachten: Wirtschaftlichkeit, Sozialverträglichkeit und Umweltverträglichkeit.

Die Bundesregierung unterstützt mit der Kraftstoffstrategie die Markteinführung alternativer und regenerativer Kraftstoffe sowie innovativer Antriebstechnologien. Ziel ist es, sich auf Erfolg versprechende Ressourcen zu konzentrieren und die Entwicklung der Alternativen voran zu bringen. Dreimal 20 Prozent sind die Ziele bis 2020:

Die Kraftstoffstrategie teilt sich in kurz-, mittel- und langfristige Umsetzungsziele:

Biokraftstoffe: Welche gibt es?

Konventionelle Kraftstoffe sollen zunehmend durch Biokraftstoffe ersetzt werden. Es gibt Biokraftstoffe der ersten und zweiten Generation. Die Biokraftstoffe der ersten Generation entstehen durch Extraktion aus Rohstoffen. So entsteht zum Beispiel reines Pflanzenöl, Biodiesel aus Raps und Soja, Bioethanol aus Getreide und Rüben, Methan aus Erdgas und Biomethanol. Es gibt technische Schwierigkeiten bei Herstellung und Verwendung und zu geringe Wirkungsgrade.

Bei den Biokraftstoffen der zweiten Generation ist die komplette Pflanze verwertbar. Es handelt sich um synthetische Kraftstoffe und das Verfahren Biomass to Liquid (BtL). So entsteht aus Holz Bio-ETBE (Ethyl-Tertiär-Butylether), Bio – MTBE Methyl-Tertiär-Butylether und Bioethanol aus Lignocellulose. Die zweite Generation ist eine Zukunftsoption mit enormen Mengenpotentialen. Die industrielle Produktion von Biokraftstoffen im großen Maßstab wird kurzfristig erreicht. Die Firma Choren Industries hat entschieden, am Standort Schwedt (Brandenburg) 800 Millionen Euro für den Bau der ersten Raffinerie für Biokraftstoffe der zweiten Generation zu investieren.

Beimischungsziele und Quote: Deutschland Spitze

Dem Mineralölkraftstoff werden Biokraftstoffe beigemischt. Der Beimischungsmarkt ist die tragfähige Perspektive für den langfristigen Einsatz von Biokraftstoffen. Es gibt seit 2003 eine EU-Richtlinie, die innerhalb der EU bis 2020 einen beigemischten Biokraftstoffanteil von 10 Prozent fordert.

Deutschland hat hier eine Spitzenstellung in Europa und erreicht bereits eine Beimischungsquote von 6,3 Prozent. Bis 2010 erlangt Deutschland die 10 Prozent-Quote. Bis 2020 ist laut Bundesregierung und Automobilindustrie eine Quote von 20 Prozent realistisch.

Biodiesel: Absatz und wirtschaftliche Situation

Insgesamt wurden 2006 circa 2,5 Millionen Tonnen Biodiesel abgesetzt. Im ersten Halbjahr 2007 konnte beim Biodiesel bereits eine Absatzsteigerung von plus 10 Prozent erreicht werden. Für 2008 beträgt der Beimischungsmarkt 3,4 Millionen Tonnen Biodiesel. Beim Biodiesel und reinem Pflanzenöl erfolgt eine gestaffelte steuerliche Belastung. Im Jahr 2006 subventionierte der Bund Biodiesel mit rund 2 Milliarden Euro. Diesen Steuerausfällen wirkt der Bund entgegen.

Staatssekretär Kasparick erläutert hierzu: „Es ist notwendig und selbstverständlich, eine staatliche Einschubfinanzierung zu leisten. Ziel ist, dass sich grundsätzlich jeder Kraftstoff am Markt ohne Subvention bewährt.“ Die Einführung dieser moderaten Besteuerung außerhalb der Quote sei lange bekannt und gilt ab 1. Januar.

Energieeffizienz: Schlüssel der Mobilitätssicherung

Nach Erkenntnissen des Bundesverkehrsministeriums hat die Wissenschaft erforscht, wie viel Prozent des Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien künftig erbracht werden kann. Eindeutige Ergebnisse belegen, dass das lediglich 35 Prozent sind. Nun stellt sich die Frage: Woher nehmen wir die restlichen 65 Prozent?

„Es wird klar, dass Biokraftstoffe lediglich eine Brückentechnologie ist. Die eigentliche Baustelle heißt Energieeffizienz“, so Staatssekretär Kasparick. Hier liegen enorme Einsparpotenziale. Bis 2020 soll die Energieeffizienz um 20 Prozent steigen.

Alternative Antriebstechnologien: Brennstoffzelle und Elektro

Wenn Biokraftstoffe Brückentechnologie sind und die Baustelle Energieeffizienz ist – dann heißt die Antwort im Bereich der Mobilität alternative Antriebstechnologien. Dazu zählt mittelfristig der Erd- und Flüssiggasantrieb. Langfristig brauchen wir die Marktreife von Wasserstofftechnologie und Brennstoffzelle sowie der Elektroantriebe. Die Bundesregierung unterstützt die Entwicklung und Markteinführung neuer Antriebtechnologien erheblich.

Das Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) wird innerhalb der nächsten zehn Jahre mit 500 Millionen Euro aus Bundesmitteln gefördert. Hinzu kommt die gleiche Summe aus der Industrie. Innerhalb der Hightech-Stratgie des Bundes fließen bis 2009 rund 15 Milliarden Euro in verschiedene Innovationsallianzen. Ziel der Allianzen aus Bundesregierung, Wirtschaft und Wissenschaft sind marktfähige und bezahlbare Produkte wie Elektro- und Hybridantriebe und die Lithium-Ionen Batterie.

Nachhaltigkeitsverordnung: Keine dreckigen Kraftstoffe

Auf einer Kabinettsklausur hat die Bundesregierung im vergangenen Dezember ein iIntegriertes Energie- und Klimaschutzprogramm für Deutschland beschlossen. Neben Kraftstoffqualität, Biogaseinspeisung und Hydrotreating gehört dazu eine Nachhaltigkeitsverordnung. Darin heißt es etwa, dass landwirtschaftliche Flächen nachhaltig zu bewirtschaften sind. Damit ist eine Mindestanforderung zum Schutz natürlicher Lebensräume benannt.

Es darf nicht sein, dass in Ländern der Dritten Welt Monokulturen zur Ölproduktion die Natur zerstören – nur damit die Industriestaaten genug Rohstoffe zur Treibstoffproduktion haben. Diese Diskussionen werden beispielsweise im Hinblick auf importiertes Palmöl geführt. Hier gilt eindeutig das Prinzip der Nachhaltigkeit: „Wir wollen nachhaltig produziertes Öl und keine billigen Importe“, bringt es Staatssekretär Kasparick auf den Punkt.

Die Rolle der Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt

Die Hauptaufgabe der Landwirtschaft ist und bleibt die Nahrungsproduktion. Dazu erklärt Fritz Schumann vom Landesbauernverband Sachsen-Anhalt: „Die Produktionsstruktur wird sich den Markterfordernissen anpassen, wobei zu beachten ist, dass in der Landwirtschaft bestimmte Zeiträume für Anpassungsstrategien erforderlich sind. Energie gehört wie die Nahrungsmittel zu den Grundbedürfnissen der Menschheit.

Landwirtschaft wird natürlich in erster Linie Nahrungsmittel produzieren, aber Energieproduktion gehört in Zukunft mit dazu.“ Wie hoch der Anteil sein wird, sei von vielen Faktoren abhängig. Der Preis allein sei für Landwirte nicht entscheidend. Die Landwirtschaft setzt insgesamt großes Vertrauen in Forschung und Entwicklung. „Es wird auch neue Lösungsansätze geben, die wir heute noch nicht kennen“, so Schumann. Wichtig ist außerdem, dass aktuell die erste Generation der Biokraftstoffe genutzt wird. Bei Investitionsentscheidungen wird die Landwirtschaft auch zunehmend die zweite Generation beachten.

Aus Sicht der Bundesregierung leistet die Landwirtschaft mit Biokraftstoffen einen wichtigen Beitrag. Die eigentliche Baustelle aber liegt in der Energieeffizienz. Neben dem technologischem Fortschritt ist auch ein gesellschaftlicher Wandel nötig. Alle können und müssen etwas für den Klimaschutz tun: Sparsam mit Ressourcen umgehen und neue Technologien nutzen. Oder, mit einem praktischen BeispieI gesprochen: Investitionen in ein Niedrigenergiehaus oder in ein umweltfreundliches Auto zahlen sich über niedrigere Energiekosten aus.